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Umweltsicherheit

Umweltsicherheit: About

Um sich dem Konzept der Umweltsicherheit zu nähern, ist es sinnvoll, die in ihm enthaltenen Begriffe zunächst getrennt voneinander zu betrachten.

Die Umwelt ist besonders in Bezug auf ihren Wandel von Relevanz. Dieser Wandel betrifft zum einen den Anstieg von Temperaturen, aber auch Veränderungen der Niederschlagsrate und der Niederschlagsmuster, Minderung der Biodiversität, steigende Meeresspiegel und die Intensivierung von Naturkatastrophen wie Stürmen, Fluten, Dürren und Erdrutschen (vgl. Bernauer 2012).

Sich dem Konzept der Sicherheit anzunähern, stellt vor dem Hintergrund seines Wandels über die Zeit eine größere Herausforderung dar. Die Begriffsbedeutung von Sicherheit ist zunächst schlicht die Abwesenheit von Gewalt. Ihre Bedeutung hat sich jedoch im Hinblick auf ihr Referenzobjekt verändert. So kann Sicherheit in Referenz zum Nationalstaat, zum Internationalen System, zum Individuum oder zum sozio-ökologischen System stehen (vgl. Baldwin 1997 und Zurlini 2008).

Auch in der Debatte um Umweltsicherheit bilden sich diese Veränderungen ab. Bereits das Aufkommen des Begriffs der Umweltsicherheit in den 1980er Jahren reflektiert die Bewegung weg von der traditionellen Bedeutung nationaler Sicherheit – als Schutz vor organisierter Gewalt eines bewaffneten Anderen – hin zu der Inklusion von anderen Gefahren, wie des Umweltwandels (vgl. Busby 2018a). Der wissenschaftliche Diskurs dieser Zeit wird auch als „Erste Debatte“ (Busby 2018ba) über Umweltsicherheit bezeichnet. Diese Erste Debatte war geprägt durch Fallstudien von Thomas Homer-Dixon über die umweltbedingte Knappheit von erneuerbaren Ressourcen – wie Fischbestände, Holz oder Wasser – und deren Ursächlichkeit für zwischenstaatliche und innerstaatliche Konflikte (vgl. Busby 2018b). Homer-Dixon unterschied dabei zwischen drei Arten von umweltbedingter Knappheit. Zunächst könne die Knappheit erneuerbarer Ressourcen durch Umweltzerstörung induziert werden (supply-induced scarcity); zweitens könne sie durch Bevölkerungswachstum und einen dadurch erhöhten Bedarf entstehen (demand-induced scarcity); und schließlich könne die Knappheit aus einer ungleichen Ressourcenverteilung hervorgehen (structural scarcity) (vgl. Busby 2018a). Darauf folgte eine Debatte, bei der auf der einen Seite eine Gruppe von Wissenschaftlern stand, auf die sich oft mit dem Begriff Neomalthusianer bezogen wird und die im Wandel der Umwelt, durch die potenzielle Ressourcenknappheit eine direkte Gefahr für die Sicherheit sahen (vgl. Bernauer 2012). Ihnen gegenüber standen Ressource Optimists (Cornucopians), welche die Ansicht vertraten, dass der Ressourcenknappheit durch Marktmechanismen, technologische Innovationen und Institutionen zur Ressourcenallokation entgegengewirkt werden könne und Konflikt keinesfalls eine zwangsläufige Folge der Knappheit, sondern höchstens ein Faktor in der Beziehung zwischen Umweltwandel und Konflikt sei (vgl. Bernauer 2012). In diesen Modellen beinhaltet also die Kooperation zwischen Akteuren die Möglichkeit, der Knappheit über Mitigation (Minderung) oder Adaption (Anpassung) zu begegnen (vgl. Bernauer 2012).

Andere Wissenschaftler haben die Agenda über gewaltvolle Konflikte hinaus entwickelt und das Konzept der Human Security eingeführt, in welchem Individuen das Objekt des Schutzes sind (vgl. Busby 2018a). In diesem Konzept wird über das materielle Wohlbefinden hinausgegangen und auch nicht-materielle, kulturelle Faktoren sind beinhaltet. Problematisch ist das Konzept jedoch, weil Faktoren, die die menschliche Sicherheit bedrohen könnten, gleichzeitig Teil des Konzepts sind und so eine Kausalanalyse erschweren (Paris 2004). Die engere Forschungsagenda der Umweltsicherheit blieb jedoch von der Beziehung zwischen Umwelt und Konflikt dominiert (vgl. Busby 2018b).

In der Tradition der Ersten Debatte wird Umweltsicherheit im Kontext nationaler Verteidigung auch heute noch gedacht. So antwortet Sherri Goodman, die Generalsekretärin des International Military Council on Climate and Security (IMCCS) und ehemalige Vizepräsidentin vom Center for Navel Analyses (CNA) auf die Frage, was Umweltsicherheit ist, wie folgt:

“When people don't have enough food, water, shelter, or the natural resources needed to live, that creates unstable situations. It has always been implicitly recognized. In the last 25 years, it's become more explicitly understood, both in defense strategy as well as in the environmental community. Because of that, we've seen a convergence between traditional national security thinking and environmental protection and policy development. They have come together to form, arguably, a new field of environmental security.” (Sherri Goodman in Yale Insights 2012, gesamtes Interview: https://insights.som.yale.edu/insights/what-is-environmental-security)

Mit diesem Verständnis von Umweltsicherheit nimmt Goodman zwar Bezug auf die Folgen der Unsicherheit für das Individuum, bleibt aber in der Kategorie der Konflikte beziehungsweise instabiler Situationen und der von ihnen ausgehende Bedrohung für die nationale Sicherheit.

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The Climate and Security Podcast

In diesem Postcast wird Sherri Goodman zum Thema Umwelt- und Klimawandel und Sicherheit interviewed. 
Sie beschreibt die Risiken, die der Klimawandel für den "American way of life" und vor allem für die nationale Sicherheit der USA bedeutet. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Veränderungen der Arktis und den damit einhergehnden Veränderungen für die Geopolitik.

Umweltsicherheit: Video

Ein weiteres Referenzobjekt der Umweltsicherheit kann das Social-Ecologigal System (SES) sein, in welchem die Interaktion zwischen Mensch und Umwelt inbegriffen ist (vgl. Zurlini 2008). Neben der nationalen und der menschlichen Sicherheit kommt dementsprechend die Sicherheit der globalen Umwelt hinzu. Um das Referenzobjekt SES greifen zu können ist die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit hilfreich. Objektive Sicherheit bezieht sich auf die Abwesenheit von Bedrohungen gegenüber dem Referenzobjekt, während subjektive Sicherheit die Abwesenheit einer Angst, dass die erlangten Werte zerstört werden, beschreibt (vgl. Zurlini 2008). In diesem Sinne wäre objektive Umweltsicherheit, wenn die Werte des Ökosystems (also seine Güter und „Dienste“) erlangt und gegenüber Bedrohungen erhalten werden, während subjektive Umweltsicherheit das Level der Angst, dass diese Werte verloren gehen könnten, beschreibt (vgl. Zurlini 2008). Dementsprechend macht der Think Tank The Millennium Project bei seiner Konzeptualisierung von Umweltsicherheit drei Kategorien auf: Besorgnisse über den nachteiligen Einfluss von menschlichen Aktivitäten auf die Umwelt, Besorgnisse über die Effekte des Wandels der Umwelt auf nationale und regionale Sicherheit und Besorgnisse um die durch den Umweltwandel induzierte Unsicherheit von Individuen und Gruppen (vgl. Zurlini 2008).

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